➡️ Folge 131 – 

Rückruf in der Pubertät

Ein Rückruf, der wirklich funktioniert, ist kein Zufall. In diesem Artikel nehme ich dich mit in mein Hundetraining, zu kleinen Erfolgsmomenten, großen Aha-Erkenntnissen – und einer jungen Hündin, die mir mal wieder gezeigt hat, dass Lernen immer Beziehungssache ist.

Rückruf leicht gemacht – ohne Schreien, ohne Stress!

In dieser Podcastfolge – bzw. in diesem Blogartikel geht es um das wunderbare Thema: Der zuverlässige Rückruf. Ich möchte euch mitnehmen und euch von dem letzten Training von Junghündin Lumina erzählen.
Wir waren mit der jungen Hündin Lumina, ihren 2-Beinern und 2 ehemaligen Kunden von mir zum Hundetraining verabredet. Lumina ist gerade vier Monate alt,
also mitten in dieser herrlich-chaotischen Phase, in der Welpen bzw. die Pubertiere meinen, sie könnten schon alles – und gleichzeitig völlig überfordert sind mit der Welt.

Ich sag ja immer: „Sie klopfen nicht nur an die Tür der Pubertät – sie treten einfach ein!“ Und Lumina hat das definitiv getan.

Bis vor Kurzem hat sie ihren Rückruf richtig toll gemacht. Sie war aufmerksam, motiviert, kam begeistert angerannt, sobald das der Rückruf ertönte.
Aber an diesem Tag dachte sie sich wohl: „Nö. Heute nicht.

Inhaltsverzeichnis:

  • Einführung – Warum Rückruf mehr ist als ein Kommando
  • Wenn der Rückruf plötzlich verschwindet
  • Wenn der Junghund selbst entscheidet
  • Unsicherheit trifft Eigenständigkeit
  • Ein Rückruf auf Freiwilligkeit
  • Der kleine große Fehler: Erfolg beim Falschen
  • Schleppleine – dein unsichtbares Sicherheitsnetz
  • Der Trick mit dem „gefundenen Schatz“
  • Keine Panik beim Einsammeln
  • Wenn Pubertät auf Konsequenz trifft
  • Wenn du deinen Rückruf richtig aufbauen möchtest
  • Rückruf ist Beziehung, kein Befehl
  • Fazit

Warum der Rückruf so ein Herzensthema ist

Ich kann ehrlich sagen: Rückruftraining ist für mich eines der wichtigsten Themen im Hundetraining überhaupt. Es ist die Grundlage für Freiheit, für Sicherheit und für das gute Gefühl, gemeinsam durch den Alltag zu gehen. Wenn dein Hund weiß, dass er sich auf dich verlassen kann, kann er die Welt viel entspannter entdecken – und du kannst ihn mit einem guten Gefühl laufen lassen.

Ein sicherer Rückruf schafft Vertrauen, stärkt eure Bindung und ist das Fundament für alle Hunde, die Verantwortung tragen – ob als Familienhund, Therapiehund oder Schulhund. In der Arbeit mit diesen besonderen Hunden spielt Verlässlichkeit eine zentrale Rolle, und genau deshalb sollte jeder Rückruf aus Liebe und Klarheit aufgebaut sein, nicht aus Angst oder Zwang.

Damit du das Ganze auch in Ruhe nachlesen kannst – oder falls du lieber liest als hörst – habe ich die wichtigsten Punkte aus dieser Podcastfolge hier im Blog für dich zusammengefasst. Natürlich mit einigen zusätzlichen Gedanken, die beim Sprechen manchmal untergehen.

Wenn der Junghund selber entscheidet

Wir wollten eigentlich an Hundebegegnungen arbeiten. Mit dabei waren auch Edda mit Daniel und Gesa: ehemalige Kunden aus meiner Hundeschule.
Edda hat bei mir alle Kurse gemacht – von der Welpenstunde bis zum Junghundetraining.

Also: perfektes Setting. Zwei Teams, kontrollierte Umgebung, sichere Situation. Lumina an der Leine, Markersignal bereit, alle motiviert.
Und tatsächlich – sie machte das großartig! Geht ruhig an Edda vorbei, schnüffelt kurz, orientiert sich, bekommt ihr Klick und ihre Belohnung. Zur Erklärung: Lumina wird mit einem Clicker erzogen.
Ich steh da und denke: „Das läuft ja wie im Bilderbuch!“

Bis der Satz kam, den jede Trainerin irgendwann hört: „Aber was mache ich, wenn sie nicht an der Leine ist und da kommt ein anderer Hund?
Ich hab kurz gegrinst und gedacht: „Na klar, das passt doch super!“ Immerhin war Lumina ja ganz bei uns – oder ….?

Therapiehunde im Kindergarten sind eine echte Bereicherung

Junghunde Lumina macht, was Lumina will

Kaum war die Leine ab, sah man’s ihr schon an: Der Blick in die Ferne, die Nase am Boden, die Ohren auf Durchzug.
Ich sag: „Ruf sie mal.“ Frauchen ruft freundlich, klar, mit Klicker bereit. Lumina dreht kurz den Kopf – und schnüffelt einfach weiter.
Ganz gemütlich. So nach dem Motto: „Ich hab’s gehört, aber da vorne riecht’s spannender.“

Und zack – da war er, der Moment, den jeder Hundehalter kennt: Dieses Gefühl zwischen „Ich weiß, dass sie’s kann“ und „Warum jetzt nicht?!“

Unsicherheit trifft Eigenständigkeit

Lumina ist ein richtiges Charakterkind. Selbstbewusst, schlau, aber gleichzeitig sensibel und schnell verunsichert.
Diese Mischung ist bei jungen Hunden gar nicht so selten – aber sie sorgt oft für Verhaltensweisen, die wir falsch interpretieren.

Sie will selbst entscheiden, was sie tut. Aber sobald jemand „stärker“ auftritt, zieht sie sich zurück.
Und genau da ist unser Job als Mensch gefragt: klare, liebevolle Führung, ohne Druck.

Denn wenn ein Hund gleichzeitig stark und unsicher ist, prallen zwei Bedürfnisse aufeinander: Kontrolle behalten – und sich sicher fühlen.
Wenn wir da ungeduldig werden, entsteht Stress. Und Stress blockiert Lernen.

Warum der Rückruf für Therapiehunde und Schulhunde so wichtig ist

Gerade bei Hunden, die eine besondere Aufgabe übernehmen – etwa als Therapiehund oder Schulhund, ist ein sicherer Rückruf von zentraler Bedeutung.
Diese Hunde arbeiten nah am Menschen, oft in sensiblen Situationen und mit Menschen, die auf ihre Ruhe und Verlässlichkeit angewiesen sind.

Ein sicherer Rückruf bedeutet hier nicht nur Kontrolle, sondern vor allem Verantwortung und Sicherheit.
Denn ein Hund, der in jeder Situation abrufbar bleibt, kann entspannt arbeiten, sich auf seine Aufgabe konzentrieren und trotzdem Freude an der Zusammenarbeit haben.

Er weiß: „Mein Mensch behält den Überblick. Ich darf mich anlehnen, wenn es unübersichtlich wird.“
So entsteht Vertrauen – die wichtigste Grundlage für alle Hunde, die anderen Halt geben sollen.

Ein Rückruf auf Freiwilligkeit

Ich sag’s immer wieder: Ein Rückruf ist kein „Signal“, das man einfach konditioniert. Ein Rückruf ist Kommunikation.

Wenn ich rufe, biete ich meinem Hund eine Entscheidung an. Er kann kommen – oder nicht.
Und wenn er sich für mich entscheidet, dann nicht, weil er muss, sondern weil er will.

Damit das klappt, braucht es Vertrauen, Konsequenz und Spaß. Und genau da lag bei Lumina der Knackpunkt.

Sie hatte gelernt: „Wenn ich Lust hab, komm ich.“ Und das lag nicht daran, dass die 2-Beiner etwas falsch gemacht hätten – im Gegenteil!
Sie trainieren großartig, mit Klicker, mit Marker, mit Freude.

Aber manchmal passiert’s einfach: Ein paar schöne Freilaufmomente, nette Begegnungen, hier und da mal ein Erfolg, wenn man „trotz Rückruf“ kurz zu einem anderen Hund läuft –
und schon merkt der Hund: „Das klappt ja, ich kann auch mal allein entscheiden!

Der kleine große Fehler: Erfolg beim Falschen

Ich habe im Training sofort erkannt, was passiert war: Lumina hatte gelernt, dass Weglaufen Erfolg bringt.
In dem Moment, als sie zu einem anderen Hund laufen durfte, hat sie sich selbst belohnt. Sie konnte schnüffeln, schauen, neue Eindrücke aufnehmen und das Gefühl von Freiheit genießen – all das war für sie hochgradig bestärkend.

Wenn ein Hund aber einmal erlebt, dass Ignorieren sich lohnt, ist das fürs Training wie ein Jackpot in die falsche Richtung.
Deshalb gilt für mich eine goldene Regel: Ein Hund darf keinen Erfolg damit haben, seinen Menschen zu ignorieren.

Das bedeutet konkret: Rufe deinen Hund nicht einfach in der Hoffnung, dass er vielleicht kommt, und renne ihm auch nicht hinterher.
Wenn du den Rückruf gibst, brauchst du Handlungssicherheit – also eine Schleppleine, räumliche Nähe oder eine Situation, die du kontrollieren kannst. Nur so lernt dein Hund, dass Rückruftraining zuverlässig, klar und fair bleibt.

Schleppleine – dein unsichtbares Sicherheitsnetz

Pädagogikhund Bruni, Therapiehund Bruni

Ich habe Laura und Finn – Lumin­as Zweibeiner – direkt geraten, sich eine leichte, dünne Schleppleine zu besorgen. Nur ein paar Meter, nichts Schweres.

Warum? Weil man damit trainieren kann, ohne dass der Hund merkt, dass noch eine Verbindung besteht. Gleichzeitig ermöglicht sie dir, rechtzeitig einzugreifen, bevor der Hund mit dem Weglaufen Erfolg hat.

Das Schönste daran: Wenn du konsequent bleibst, wirst du die Schleppleine irgendwann gar nicht mehr brauchen.

Aber Vorsicht – das Ziel ist nicht, den Hund heranzuziehen. Es geht vielmehr darum, ihm die Möglichkeit zu geben, richtig zu handeln. Er soll verstehen: „Wenn ich komme, ist das super – wenn ich nicht komme, passiert einfach nichts Spannendes.“

Der Trick mit dem „gefundenen Schatz“

In dieser Situation mit Lumina habe ich Laura gesagt, sie solle nicht weiter rufen. Stattdessen sollte sie ruhig hingehen und so tun, als hätte sie etwas wirklich Spannendes entdeckt.

Und tatsächlich: Diese kleine Veränderung hat sofort Wirkung gezeigt.
Anstatt Druck aufzubauen oder zu bitten, sendest du so die Botschaft: „Hier passiert etwas Cooles – du willst das nicht verpassen.“

Der Unterschied war enorm. Lumina kam von sich aus – neugierig, interessiert und völlig ohne Druck. Als sie bei Laura ankam, gab es natürlich eine ordentliche Portion Begeisterung und Lob.

Ich sage oft: „Mach dich interessant, bevor du deinen Hund interessant machst.“
Genau das war hier der Schlüssel.

Keine Panik beim Einsammeln mit der Schleppleine

Viele Menschen werden beim Rückruftraining unruhig, wenn der Hund nicht sofort reagiert. Sie rufen lauter, gehen schneller oder fangen an zu schimpfen.

Das ist absolut menschlich – aber genau das sorgt dafür, dass der Hund das Spiel versteht: „Wenn ich weglaufe, rennt sie hinterher. Prima, dann bleibe ich vorn!“

Deshalb lautet mein Rat: Einsammeln statt schimpfen.
Bleib ruhig, freundlich und souverän. Geh hin, leine deinen Hund an, atme durch – fertig. Kein Drama, kein Ärger.
So lernt dein Hund, dass du konsequent bleibst, ohne Stress und ohne negative Emotionen.

Ich sage oft: „Mach dich interessant, bevor du deinen Hund interessant machst.“
Genau das war hier der Schlüssel.

Wenn Pubertät auf Konsequenz trifft

Die Pubertät beim Hund ist ein bisschen wie ein WLAN-Aussetzer – alles, was eben noch wunderbar funktioniert hat, scheint plötzlich verschwunden zu sein. Signale, die dein Hund vorher sicher konnte, wirken wie gelöscht. Statt Orientierung herrscht Funkstille.

So frustrierend das manchmal ist: Es ist völlig normal. In dieser Entwicklungsphase verändert sich im Hundekörper unglaublich viel – Hormone, Wahrnehmung, Emotionen. Alles, was dein Hund bisher als sicher und vertraut erlebt hat, wird neu bewertet. Und genau jetzt braucht er dich besonders – nicht als strenger Chef, sondern als verlässliche, ruhige Bezugsperson.

Konsequenz bedeutet in dieser Zeit nicht Härte, sondern Klarheit und Beständigkeit.
Wenn du deinem Hund zeigst, dass du auch in stürmischen Phasen ruhig bleibst, egal was passiert, entsteht Sicherheit.
Und Sicherheit ist die Basis jeder guten Kommunikation – gerade dann, wenn im Kopf deines Hundes gerade Chaos herrscht.

Deshalb habe ich Laura und Finn geraten, Lumina in dieser Phase wieder an der Schleppleine zu führen. Nicht, weil sie „zurückgefallen“ wäre, sondern weil sie in diesem Rahmen wieder entspannter lernen kann. So bleibt Training vorhersehbar und fair – und Lumina hat die Chance, Erfolgserlebnisse zu sammeln, anstatt Fehler zu machen.

Das ist kein Rückschritt.
Das ist kluges, liebevolles Training – angepasst an das, was der Hund gerade wirklich leisten kann.

Wenn du deinen Rückruf richtig aufbauen möchtest

Vielleicht hast du beim Lesen schon genickt, weil dir manches bekannt vorkam.
Weil dein Hund manchmal hört, als wäre er taub auf beiden Ohren.
Oder weil du genau diese Situationen kennst, in denen du alles richtig machst und es trotzdem nicht klappt.

Damit bist du absolut nicht allein.
Viele Hundemenschen erleben genau das, und oft liegt es nicht an mangelnder Konsequenz oder falscher Motivation,
sondern daran, dass der Rückruf einfach nicht systematisch genug aufgebaut wurde.

Genau aus diesem Grund habe ich meinen Rückruf-Onlinekurs entwickelt.
Darin begleite ich dich Schritt für Schritt dabei, wie du den Rückruf sinnvoll und nachhaltig trainierst: so, dass dein Hund wirklich versteht, was du von ihm möchtest,
und dass er gern und zuverlässig zu dir kommt, egal, was um ihn herum passiert.

Rückruf-Onlinekurs

Rückruf ist Beziehung, kein Befehl

Es geht um Vertrauen, Freude und echte Verbundenheit.
Darum, dass dein Hund spürt: „Bei dir ist es sicher, spannend und schön.“
Wenn das gelingt, entsteht Kooperation ganz von selbst – ohne Zwang, ohne Druck, einfach aus innerer Motivation.

In dem Moment trainierst du nicht mehr gegen deinen Hund, sondern mit ihm.
Und irgendwann kommt der Augenblick, in dem du rufst – und dein Hund gar nicht nachdenkt, sondern einfach losrennt, voller Begeisterung, direkt in deine Arme.

Fazit:

Rückruftraining ist kein Sprint, sondern eine Reise – mit Höhen, Tiefen, kleinen Rückschritten und vielen Aha-Momenten.
Jeder Schritt zählt, auch die wackeligen. Denn sie zeigen, dass ihr gemeinsam wachst.

Bleib ruhig, bleib konsequent und bleib liebevoll.
Sieh jede Rückruf-Situation als eine Einladung, eure Beziehung zu stärken und das Vertrauen zwischen euch zu vertiefen.

Und wenn es mal nicht klappt, dann atme durch, lächle – und denk an Lumina.
Sie ist auf einem richtig guten Weg.
Nicht, weil sie perfekt ist, sondern weil ihre Menschen dranbleiben – mit Herz, Geduld und einem Lächeln im Gesicht.

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